Arbeitsrecht Verfallklausel Unwirksamkeit

Unwirksamkeit von Verfallklauseln im Arbeitsvertrag

Man findet Sie heutzutage in fast jedem Arbeitsvertrag: Die Ausschluss- oder Verfallklausel. Diese bewirkt grundsätzlich, dass Arbeitnehmer unter anderem ihre Lohn- oder Urlaubsabgeltungsansprüche innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen müssen, damit die Ansprüche nicht verfallen. Unsere Erfahrung im Umgang und Bewertung von Arbeitsverträgen hat uns jedoch gelehrt, dass Klauseln oftmals unwirksam sein können. Der folgende Beitrag soll zeigen, was passiert, wenn unwirksame Klauseln unwirksam Klauseln in Arbeitsverträgen verwendet werden und welche Ansprüche daraus resultieren können.

Was ist eine Verfallklausel?

Grundsätzlich verjährt ein Anspruch auf Lohnzahlung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsabgeltung nach drei Jahren. Viele Arbeitsverträge enthalten jedoch Ausschluss- oder Verfallsklauseln, welche bestimmen, dass der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist geltend machen muss. Eine solche Frist beträgt in der Regel drei Monate ab Fälligkeit.

Beschäftigen Sie Arbeitnehmer, so müssen Sie diesen auch Lohn zahlen. Wird der Lohn nicht oder nicht in entsprechender Höhe gezahlt, müssen Lohnansprüche – sofern eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag gegeben ist – innerhalb von drei Monaten gegenüber Ihnen geltend machen. Unterlässt der Angestellte dies, verfällt sein Anspruch. Allerdings verfällt nur der Teil, welcher den Mindestlohn übersteigt. § 3 Satz 1 Mindestlohngesetz (MiLoG) stellt dabei klar, dass der Anspruch auf Mindestlohn nicht beschränkt werden kann, sodass für seine Geltendmachung die gesetzliche Frist von drei Jahren erhalten bleibt. Insoweit steht dem Arbeitnehmer selbst bei verspäteter Geltendmachung eines Lohnanspruchs ein Anspruch auf Lohnzahlung mindestens in Höhe des Mindestlohns zu.

Beispiel: Laut Arbeitsvertrag erhalten Ihre Mitarbeiter immer gegen Ende des Monats Lohn (30./31.) und es befindet sich eine entsprechende Verfallklausel im Arbeitsvertrag. Arbeiten diese im Monat Juni, so wird Ihr Anspruch auf Lohn für den Monat Juni am 30.06. fällig. Bleiben Zahlungen aus oder nicht in entsprechender Höhe, muss der Anspruch auf Zahlung des (restlichen) Lohns Ihren gegenüber spätestens am 30.09. geltend gemacht haben. Andernfalls verfällt der Anspruch auf Lohn, der über den Mindestanspruch hinaus geht.

Eine Ausschluss- oder Verfallklausel kann nicht nur in individuellen Arbeitsverträgen, sondern auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen enthalten sein.

Verfallklausel in der Praxis

Verfallklauseln können in zwei Stufen gegliedert werden:

Einstufige Verfallklausel

Alle Ansprüche aus und in Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis sind innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der Gegenseite geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, verfallen.

Hier wird lediglich bestimmt, dass die Geltendmachung innerhalb einer bestimmten Frist zu erfolgen hat.

Zweistufige Verfallklausel

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb eines Monats nach Geltendmachung des Anspruchs, muss der Anspruch innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Ablehnung durch die Gegenpartei oder nach Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden. Andernfalls verfällt der Anspruch ebenfalls.

Hier wird bestimmt, dass – zusätzlich zu der Geltendmachung der Ansprüche innerhalb einer bestimmten Zeit – eine Partei den Anspruch gerichtlich einklagen muss, sofern dieser Anspruch von der anderen Partei abgelehnt worden ist.

Diese Regelungen betreffen grundsätzlich beide Parteien (Arbeitnehmer, Arbeitgeber).

Sind sie betroffen?

Der Großteil unserer Mandanten hat bereits mit Ausschluss- und Verfallklauseln in Arbeitsverträgen gearbeitet. Wir mussten jedoch feststellen, dass eine Vielzahl von Klauseln vor Gericht keinen Stand gehabt hätten oder schlichtweg unglücklich formuliert werden. Unsere Rechtsexperten von Arbeitrecht360° konnten mit Mustervorlagen für Arbeitsverträge sowie Formulierungshilfen für Ausschluss- und Verfallklauseln zur Seite stehen, Zweifel aus dem Weg räumen und am Ende des Tages Rechtssicherheit für unsere Mandanten wiederherstellen.

Unsere Experten von Arbeitsrecht360grad prüfen für Sie, ob Ihr Arbeitsvertrag mit Verfallklausel vor Gericht standhält, versorgt Sie mit Mustervorlagen oder wehrt unberechtigte Ansprüche von Arbeitnehmern aufgrund unwirksamer Klauseln ab.

Verfallklauseln: Dann sind sie unwirksam

Bei der Formulierung von Verfallklauseln können einige Fehler gemacht werden. Im Folgenden sollen exemplarisch die größten Probleme und Unwirksamkeitsgründe herausgearbeitet werden, damit Sie nicht Gefahr laufen diesen weiterhin zu unterliegen.

Schriftform

Wurden Arbeitsverträge nach dem 30. September 2016 geschlossen oder wurden nach dem 30. September 2016 zumindest umfangreichere Vertragsanpassungen vorgenommen, sollten Sie auf folgendes achten: Enthält die Verfallklausel die Vorgabe, wonach die Ansprüche innerhalb der vorgegebenen Frist schriftlich geltend gemacht werden müssen, steht dies nicht mit § 309 Nr. 13 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Einklang. Eine solche Klausel ist aus unserer Sicht insgesamt unwirksam. Zulässig ist die Forderung nach Einhaltung der Textform (z.B. E-Mail), da diese weniger streng ist als die Schriftform.

Zu kurze Frist

Ist eine der Fristen zu kurz bemessen, führt dies zur Unwirksamkeit der jeweiligen Bestimmung (Vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. September 2005 – 5 AZR 52/05; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. November 2007 – 5 AZR 992/06). Sowohl die einstufige Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen, als auch die zweistufige Frist zur gerichtlichen Durchsetzung der abgelehnten Ansprüche sollte nicht als drei Monate nicht unterschreiten.

Einseitige Verfallklausel

Ist vertraglich geregelt, dass nur die Ansprüche des Arbeitnehmers/Arbeitgebers nach drei Monaten verfallen, während die des Arbeitgebers/Arbeitnehmers auch nach drei Monaten weiterhin geltend gemacht werden können, ist die Verfallklausel auch infolgedessen insgesamt unwirksam (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. August 2005 – 5 AZR 545/04).

Mindestlohn verfällt nicht

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil am 18. September 2018 entschieden, dass Verfallklauseln unwirksam sein können, wenn sie nicht ausdrücklich den Anspruch auf Zahlung des garantierten Mindestlohn von der Regelung ausnehmen. Insoweit wurde höchstrichterlich entschieden, dass eine solche Klausel, insgesamt als unwirksam anzusehen ist und somit auch andere Ansprüche des Arbeitnehmers (z. B. Urlaubsabgeltung) nicht von der Verfallklausel betroffen sind. Dies gilt allerdings nicht für Arbeitsverträge, die vor dem 01.01.2015 geschlossen wurden.

Sonstige Unwirksamkeitsgründe

Die erfolgte Auflistung von Unwirksamkeitsgründen ist nicht abschließend. Weitere Fehler und sonstige Unwirksamkeitsgründe können sein:

Ausschlussfrist orientiert sich nicht an der Fälligkeit, sondern an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Verfallklausel steht an einer Stelle im Arbeitsvertrag, an welcher der Arbeitnehmer nicht damit rechnen braucht

Fehlender deutlicher Hinweis auf Inhalt und Folgen der Verfallklausel

Folgen für den Arbeitnehmer

Ist die Verfallklausel unwirksam, verjähren Ihre Ansprüche frühstens erst nach drei Jahren. Ansprüche des Arbeitnehmers – Zahlung von Zuschlägen, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, Urlaubsabgeltung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Überstundenzuschläge oder Schadensersatz – können Sie diesem nicht aufgrund einer verspätete Geltendmachung bzw. Durchsetzung vorenthalten.

Andererseits können Sie dem Arbeitnehmer bei Unwirksamkeit dieser Klausel ebenso Ansprüche entgegenhalten aus dem Arbeitsverhältnis. In Betracht kommen Ansprüche wie die Geltendmachung einer Vertragsstrafe, die Aufforderung zu viel gezahlte Vergütung zurückzuzahlen, aber beispielsweise auch die Forderung nach Schadensersatz.

Fazit

Ist eine Verfall- oder Ausschlussklausel Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden, so kann diese Klausel unter bestimmten Umständen unwirksam sein. Der Arbeitnehmer profitiert eher von einer unwirksamen Klausel, da seine Ansprüche dadurch der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren unterliegen und er somit (gedanklich) bereits verlorene Ansprüche wieder aufleben lassen kann. Der Arbeitgeber bleibt allerdings nicht schutzlos, da er selbst Ansprüche – Vertragsstrafe, Rückzahlung, Schadensersatz – gegen den Arbeitnehmer haben kann.

Es lohnt sicher daher für jeden Arbeitgeber seine Arbeitsverträge und entsprechende Klauseln von unseren Experten prüfen zu lassen! Das Team von Arbeitsrecht360° stellt Ihnen Musterverträge, sowie Formulierungshilfen zur Verfügung, damit Ihre Verträge auch nach der neusten Rechtssprechung hieb- und stichfest sind! Wir sorgen für Ihre Rechtssicherheit.

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